Sparkassen-Tourismusbarometer für Sachsen: Tourismusnachfrage zieht wieder an, Volumen der Übernachtungen und Tagesreisen auf vor-Corona-Niveau – ermäßigter Mehrwertsteuersatz muss bleiben
Grimma, 12. September 2023
Tagesreisen werden unterschätzt. Sie kurbeln die Nachfrage in den Reisegebieten an und bewirken Investitionen in die Infrastruktur. Das geht aus dem Sparkassen-Tourismusbarometer 2023 des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) hervor, dessen Ergebnisse für Sachsen der OSV am Dienstag im Hotel Kloster Nimbschen vorgestellt hat.
Tagestourismus ist ein Milliardengeschäft. In Sachsen erbrachten 2022
152 Millionen Tagesreisen einen Umsatz von 6,7 Milliarden Euro. Großstädte, Klein- und Mittelstädte und der ländliche Raum profitieren gleichermaßen. Lag die Zahl der Tagesreisen 2022 noch 4 Prozent unter dem Wert des Vor-Corona-Jahres 2019, erreicht ihre Zahl in diesem Jahr absehbar wieder Normalniveau.
Tagesgäste garantieren den Betrieb von Freizeiteinrichtungen. Rund neun von zehn Freizeiteinrichtungen gaben in der Online-Befragung für das Tourismusbarometer an, dass sie stark bis sehr stark zum Tagestourismus in ihrer Region beitragen. Bis zu 90 Prozent der Besuche entfallen auf Tagesgäste. Rund acht von zehn Freizeiteinrichtungen in Ostdeutschland würde sich ohne dieses Segment nicht am Markt behaupten.
„Maßnahmen für Tagestouristen stehen für aktive, engagierte Strukturpolitik und bieten Chancen für alle. Gäste und die Menschen vor Ort profitieren gemeinsam von Investitionen, beispielsweise in die Infrastruktur. Es gibt viele Gewinner“, betonte der Geschäftsführende Präsident des OSV,
Ludger Weskamp.
Die heimische Bevölkerung profitiert von Freizeit- und Kulturangeboten sowie vom gestärkten Einzelhandel. Sie nimmt diese positiven Effekte auch wahr. Denn 69 Prozent der Befragten einer Einwohnerbefragung für das Tourismusbarometer sagen, dass meine Region vom Tagestourismus profitiere. Negative Effekte hingegen werden nur zeitlich begrenzt und lokal an Hot Spots wahrgenommen. 90 Prozent der befragten Sachsen nehmen durch Tagesausflügler in ihrer Region keine Belastungen wahr.
Vielfach werben Kommunen und Regionen auch ausdrücklich mit der hohen Freizeitqualität vor Ort, um neue Einwohner, Fach- und Arbeitskräfte sowie Investoren und Betriebe zu gewinnen. Rund 60 Prozent der ostdeutschen Touristiker geben an, dass Tagesgäste einen starken Beitrag für die Errichtung und den Erhalt von Betrieben und Infrastruktur leisten.
Die touristische Nachfrage erholt sich gegenüber dem Vorjahr. Die gewerblichen Übernachtungen in den sächsischen Beherbergungsbetrieben mit mehr als zehn Betten sind im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2022 um 19,6 Prozent auf knapp 9 Millionen gestiegen. Diese Zunahme liegt über dem Wert für Ostdeutschland (11,4 Prozent). Deutschlandweit hat die Nachfrage in diesem Zeitraum um 16,3 Prozent zugelegt. Bereits seit März 2023 bewegt sich die Übernachtungsnachfrage in den sächsischen Betrieben wieder auf dem Niveau des Jahres 2019.
Die Branche dürfe jetzt nicht geschwächt werden. Weskamp sprach sich in diesem Zusammenhang dafür aus, die abgesenkte Umsatzsteuer auf zubereitete Speisen in der Gastronomie über den 31.12.2023 hinaus beizubehalten. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz sorge für mehr Liquidität in den Betrieben. „Angesichts anhaltender Inflation und weiter steigender Energiekosten sowie Serviceproblemen durch Arbeitskräftemangel fordere ich die Politik zum Handeln auf. Ein Anheben des Steuersatzes zwingt die Betriebe zu Preisanhebungen. Weniger Menschen können sich Restaurantbesuche leisten – die Nachfrage sinkt.“
Eine Pleitewelle bei den sächsischen Beherbergungsbetrieben in der schwierigen Corona-Zeit ist ausgeblieben. Aber die Betriebe konsolidieren sich. Im Zeitraum 2019 bis 2022 ist ein Rückgang der Betriebe um
6,7 Prozent zu verzeichnen, was 0,7 Prozent weniger Betten entspricht.
Im Gastgewerbe Sachsens gibt es aktuell immer noch 3,7 Prozent weniger Arbeitskräfte als 2019. Bundesweit sind es sogar 5 Prozent weniger. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten in sächsischen Beherbergungsbetrieben liegt im Jahr 2022 noch 8,4 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau 2019, in der Gastronomie beträgt das Minus 2,4 Prozent. Auch stehen im sächsischen Gastgewerbe weiterhin die Zeichen auf einen Mangel an Nachwuchskräften. 2022 gab es 38,5 Prozent weniger Ausbildungsstellen als 2012. 20 Prozent der Beschäftigten sind 55 Jahre und älter. Hinzu kommt, dass 51 Prozent der Arbeitskräfte nur Teilzeit arbeiten.
Sachsen tut etwas für die Qualität in den Übernachtungsbetrieben. Der Qualitätswettbewerb „Gästeliebling“ des Landestourismusverbandes ist bei den sächsischen Betrieben gefragt. Denn neue Impulse in der Qualitätsarbeit bleiben wichtig. Der Investitionsdruck wächst. Die hohe Zufriedenheit der Gäste mit der Qualität ihrer Übernachtungsquartiere in Sachsen zeigt sich auch 2023 mit 87,2 Punkten beim Trust Score, gleicher Wert wie 2022 und minus 0,4 Punkte unter dem Wert 2020. Der deutschlandweite Trust Score liegt 2023 bei 86,8 Punkten.
Ein hohes Qualitätsniveau bestätigen die Gäste mit dem Trust Score beim Service (93,2 Punkte), bei der Location (92,5 Punkte) und beim Hotel
(90,3 Punkte). Schwachstellen bleiben die Zimmer (77,8 Punkte), das gefühlte Preis-Leistungs-Verhältnis (73,7 Punkte) und der Internetzugang
(48,7 Punkte).
Unter den sächsischen Reisegebieten punkten allen voran die Sächsische Schweiz (88,9 Punkte) und das Erzgebirge (88,8 Punkte) bei den Gästen in den Beherbergungsbetrieben und legen gegenüber 2021 beide nochmals zu.
Der Trust Score fasst Gästebewertungen auf rund 250 Onlineplattformen für Unterkunftsbetriebe zu einem Gesamtwert der Gästezufriedenheit zusammen, maximal 100 Punkte können erreicht werden.