Berlin, 30. Oktober 2019. Der Weltspartag wurde auf dem 1. Internationalen Sparkassenkongress in Mailand 1924 ins Leben gerufen. Seitdem wird er weltweit von den Sparkassen und im deutschsprachigen Raum von der gesamten Bankwirtschaft jedes Jahr im Oktober feierlich begangen.
Ursprünglich richtete sich der Weltspartag als Sparappell alljährlich an die Bevölkerung. Im Mittelpunkt standen die Propagierung der Sparsamkeit und das vorsorgende Sparen. Langfristige Geldanlagen sollten zur Überbrückung schlechter Zeiten dienen. Gleichzeitig verschafften Spareinlagen auch das notwendige Kapital für Investitionen und Wirtschaftsförderung.
Später entwickelte sich der Sparsamkeitsgedanke weiter und umfasste auch den bewussten Umgang mit Natur- und Wirtschaftsressourcen. Heute ist die Bedeutung des Weltspartages ungebrochen. Nach wie vor gibt es an diesem besonderen Tag Veranstaltungen und Aktionen in vielen Sparkassen. Gerade die Jüngsten sollen noch immer so früh wie möglich mit dem Spargedanken vertraut gemacht werden.
„Weltspartagsobjekte“ finden sich auch im Historischen Archiv des Ostdeutschen Sparkassenverbandes. Einige seien auf der Reise durch die Jahrzehnte hier vorgestellt.
Die 1920er-Jahre: Wie alles begann …
Oktober 1924. Mailänder Sparkasse. 300 Sparkassenvertreter aus 28 Ländern fassten den Beschluss, „einen Weltspartag ins Leben zu rufen“. Einen sog. „Feiertag des Sparens“, der nach der Inflation als Signal für den wirtschaftlichen Neuanfang zu verstehen war.
1925 wurde der 1. Weltspartag feierlich begangen. Der deutsche Staat wirkte mit der Proklamation „Die Reichsregierung zum Weltspartag“ unterstützend. Drei Jahre später kam es in Deutschland mit Rücksicht auf den Reformationstag zur Verlegung des Weltspartages auf den 30.10. bzw. auf den jeweils letzten Werktag des Monats Oktober. Bis heute hat sich daran nichts geändert.
Die 1930er-Jahre: Nationalismus, Gleichschaltung und Krieg
Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 und dem Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund blieb der Weltspartag, nun als „Nationaler Spartag“, Höhepunkt der jährlichen Sparkassenwerbearbeit. Zunehmend nutzte die neue NS-Regierung jedoch gerade diesen Tag für ihre Propaganda. Die Weltspartagswerbung wurde zum Abbild politischer Realitäten. Die internationale Idee von Mailand fand nur noch am Rande Beachtung. 1938 erfolgte die Umbenennung in „Deutscher Spartag“. Nach Kriegsbeginn 1939 wurde das Sparen zur nationalen Pflicht erhoben.
1939 bis 1945: Kriegsjahre
Die Werbung beschränkte sich in den Kriegsjahren fast ausschließlich auf das Passivgeschäft. Die Sparkassen wurden zu Kapitalsammelstellen des Reiches und trugen zur Finanzierung des Zweiten Weltkriegs bei. 1942 erfolgte eine dritte Umbenennung. Aus dem „Deutschen Spartag“ wurde die „Deutsche Sparwoche“.
1948: Der Neuanfang
Von 1945 bis 1947 wurde der Weltspartag in Deutschland weder beworben noch feierlich begangen.
Allerdings gab es 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone erste Bestrebungen zur Wiedereinführung des Weltspartages nach dem Vorbild der Anfangsjahre. So beantragte der Sparkassenverband der Provinz Sachsen (Halle) bei der zuständigen Provinzialverwaltung der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) die Durchführung eines solchen.
Der erste Weltspartag nach dem Krieg fand in den westlichen Besatzungszonen vier Monate nach der Währungsreform 1948 statt. Die Spareinlagen bei den Sparkassen waren unter zwei Milliarden DM gesunken. Der Weltspartag gab Anlass zur Solidaritätsbekundung mit den Kleinsparern, die durch die Währungsreform große Verluste hinnehmen mussten.
Die 1950er-Jahre: Wiederaufbau im geteilten Deutschland
Die 50er-Jahre standen sowohl in West- als auch in Ostdeutschland im Zeichen des Wiederaufbaus.
Die Ansprache des Bundespräsidenten Theodor Heuss zum Weltspartag 1952 prägte die Gemeinschaftswerbung bis zum Ende des Jahrzehnts: „Sparsam sein ist nicht in erster Linie eine nationalökonomische Funktion, sondern eine menschliche Haltung. […] Wer spart, will frei sein! Aber zum Sparen wie zur Freiheit gehört Vernunft. […] Es hat etwas Rührendes und Großartiges, wie der Sparsinn über die Erschütterung des Jahres 1948 […] sich erhielt.“
Seit 1955 wurde der Weltspartag durch die Jugendsparwoche ergänzt. Der Sparefroh genoss als Leitfigur dieser Werbemaßnahme bis in die 1960er-Jahre hinein große Popularität. 1958 kam für die kleinen Sparer die Zeitschrift „Sparefroh“ heraus.
In der DDR wurde erst 1954 der Weltspartag – allerdings als „Sparwoche“ –
wiederentdeckt. Über vier Wochen wollten Sparkassen und Banken mit gezielten Werbeaktionen eine breite Sparbewegung in der Bevölkerung auslösen. Die Spareinlagen waren für den Wiederaufbau und die Verbesserung der Lebensbedingungen bestimmt. 1955 erfolgte die Umbenennung in „Sparwochen“. Ein Jahr später fanden sie erstmalig wieder im Oktober statt.
Die 1960er-Jahre: sparsam sein
In den 1960er-Jahren trat der Deutsche Sparkassen- und Giroverband in der Bundesrepublik Deutschland im Interesse der Sparer für Preisniveaustabilität ein. Der Weltspartag bekam mit Vorträgen, Filmen, Umzügen und ähnlichen Aktivitäten Volksfestcharakter. 1963 wurde erstmals der Klassiker unter den Sparkassenwerbeslogans eingesetzt: „Wenn’s um Geld geht – Sparkasse“.
Das Motto zum 40. Weltspartag 1964 lautete in allen Ländern: „Alle Welt spart.“ Mit einer großen Ausstellung und einer Festschrift wurde in der Bundesrepublik Deutschland dieses Jubiläum begangen.
In der DDR bestand neben der Förderung des staatlichen Wohnungsbaus und der damit verbundenen Obligationswerbung auf Anweisung des Ministeriums für Finanzen die Hauptaufgabe der Sparkassen in der verstärkten Werbung für die Sparsamkeit der Bevölkerung. Das verordnete „Sparsamkeitsprinzip“ hatte auch Auswirkungen auf den sich inzwischen jährlich vermindernden Werbeetat der Sparkassen.
Die 1970er-Jahre: Niedergang und Höhepunkt
Auch die 1970er-Jahre waren in der DDR vom „Sparsamkeitsprinzip“ geprägt. Während 1969 noch ein kleiner Etat für Plakate zu den Sparwochen eingeplant war, tauchten die Sparwochen ein Jahr später nicht mehr im Werbeplan des Ministeriums für Finanzen auf.
Erst 1973 wurden auf Anweisung des Vizepräsidenten der Staatsbank der DDR Prof. Dr. John die Sparwochen wieder durchgeführt. Allerdings bereits im März. Diese kurzfristige Wiederbelebung stieß auf wenig Resonanz. So kam schon bald das endgültige Aus für Sparwochen, Weltspartag o. Ä. in der DDR.
In der Bundesrepublik Deutschland hingegen ging der 30. Oktober 1970 als „goldener Tag“ in die Geschichte des Weltspartages ein. Mit einem „goldenen Computer“ wurden individuelle Beratungsbriefe je nach Anlagewunsch von Oktober bis Dezember erstellt. So wurde der Weltspartag erstmals seit Kriegsende wieder zum Mittelpunkt einer mehrmonatigen Werbekampagne.
1974 war 50. Jubiläum. Den Höhepunkt der Feierlichkeiten am Weltspartag bildete die Aktion: „Wer spart, gewinnt“. Sie war die bis dahin größte Werbeaktion in der deutschen Sparkassengeschichte.
Ab 1975 erschien „KNAX“ als Nachfolger der Kinderzeitschrift „Sparefroh“. Es wurde ein bei Kindern beliebtes Comicheft, das seitdem alle zwei Monate von den Sparkassen kostenlos an den Nachwuchs verteilt wird und inzwischen eine Auflage jenseits der Millionengrenze erreicht hat. Daneben gab und gibt es kleine Werbegeschenke für die jüngsten Sparer.
Die 1980er-Jahre: günstige Zeiten für Rücklagen
Zu Beginn der 1980er-Jahre war in der Bundesrepublik Deutschland die Sparkassenwerbung von einer neuen Kommunikationsstrategie gekennzeichnet. Die Nutzungsintensität der Kundschaft sollte erhöht, neue Marktsegmente erschlossen werden. Zielgruppenwerbung hieß das Zauberwort. Für Meinungsbildner, Firmenkunden und Privatkunden. Der Werbeauftritt erhielt emotionale Aspekte und der Weltspartag verlor als Werbehöhepunkt eines Jahres zunehmend an Bedeutung.
Die 1990er-Jahre: Deutschland nach der Wiedervereinigung
Der Werbeslogan: „Nähe ist bei uns kein Zufall, sondern Absicht. Gemeinsam in Ost und West: Die Sparkassen“ verdeutlichte nach dem Mauerfall eine neue Ära in der Sparkassenwerbung. Erstmals gab es nach der Zeit der Teilung wieder eine gesamtdeutsche Sparkassenwerbung. Erstmals kam auch der Weltspartag zurück in die östlichen Bundesländer.
2000 – Das neue Jahrtausend
Seit dem Ende der 1990er-Jahre wird der Weltspartag auch als Protesttag genutzt. Arbeitsloseninitiativen und gemeinnützige Vereinigungen machen europaweit gerade an diesem „Tag des Sparens“ mit Kundgebungen, Demonstrationen und provokanten Aufrufen auf die hohe Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Zunahme sozialer Probleme aufmerksam.
Bei den Sparkassen stand der Weltspartag 2000 unter dem Motto: „Sparkassen fördern aktive Vermögensbildung für alle“. Das bedeutete, geeignete Anlageformen unabhängig von den Vermögensverhältnissen für jedermann anzubieten.
Zum 80. Jubiläum des Weltspartages 2004 gab es im Deutschlandfunk eine „Lange Nacht des Sparens“ mit Originaltondokumenten aus der Geschichte des Weltspartages. Der Ostdeutsche Sparkassenverband rief anlässlich des Jubiläums einen Wettbewerb aus. Unter dem Motto „spar-schwein-zukunft“ setzten sich Künstler und Nachwuchsdesigner mit dem Thema „Sparen“ auseinander und kreierten neue Spardosen, Plakate, Schmuck und viele andere Dinge. Eine Wanderausstellung widmete sich den originellen Einfällen der jungen Leute. Gleichzeitig wurde vom Historischen Archiv die 80-jährige Geschichte des Weltspartages aufgearbeitet und in einem Begleitbuch zur Ausstellung festgehalten.
2019 – 95 Jahre und kein bisschen angestaubt
Mit großen Schritten bewegt sich der Weltspartag auf sein rundes Jubiläum zu. Im Gepäck hat er stets auch aktuelle Themen. Das hält ihn jung & frisch. So sind beispielsweise in Zeiten von niedrigen Zinsen immer wieder die Sparformen im Fokus. Es geht darum, Wertpapiere und mögliche Sparpläne bekannter zu machen. In Aktien zu investieren und vom hohen Zinses-Zins-Effekt zu profitieren. ist etwas, dass an einem so besonderen Tag, wie dem Weltspartag, durchaus diskutiert werden kann. Denn obwohl Deutschland seit über 100 Jahren als Land der Sparer gilt, ist das gute alte Sparbuch nach wie vor die bevorzugte Geldanlageform. Die Verbrauchs- und Medienanalyse VuMA stellte 2018 fest, dass 40,21 Millionen Deutsche ein Sparbuch in ihrem Haushalt haben. „Es ist ein praktischer und flexibler Klassiker“, argumentieren die Sparkassen und werden nicht müde, auch andere Möglichkeiten des Sparens aufzuzeigen. In diesem Jahr – wen sollte es wundern – machen sich viele der insgesamt 385 Sparkassen Gedanken zu Veranstaltungen rund um das elementare und uns alle bewegende Thema der Nachhaltigkeit. Der Deutsche Sparkassenverlag unterstützt die Aktivitäten mit Delfin Trixi. Er ist Sparmaskottchen und Nachhaltigkeitssymbol zugleich. Trixis Lebensraum zu bewahren, bringt Kindern die bedeutende Aufgabe des Klima- und Umweltschutzes spielerisch näher. So wird der Weltspartag zum Erlebnistag für die ganze Familie, an den man sich später gern zurückerinnert und der im Kern seiner Grundintension treu bleibt: In gesamtgesellschaftlicher Verantwortung das frühzeitige Heranführen und aktive Beschäftigen mit dem Thema Geld & Sparen zu fördern.
Britta Weschke
Referentin Historisches Archiv und Bibliothek
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